Christiansø

Dänemarks östlichster Außenposten

Christiansø ist eine faszinierende Schäreninsel etwa 18 Kilometer nordöstlich von Bornholm und bildet zusammen mit Frederiksø, Græsholm und einigen kleinen Felsen die Inselgruppe Ertholmene – im Deutschen oft als „Erbseninseln" bezeichnet. Ein Besuch dieser historischen Seefestung ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit.

Christiansø

Geschichte der Festungsinsel

Die Geschichte der menschlichen Nutzung von Christiansø reicht weit zurück. Bereits ab Mitte des 16. Jahrhunderts nutzten Bornholmer Fischer die damals noch unbewohnte Insel als Quartier während der herbstlichen Heringsfischerei. Die entscheidende Wende kam 1658, als Dänemark nach dem Krieg gegen Schweden alle Besitzungen östlich des Öresunds abtreten musste. Um die schwedischen Bewegungen in der Ostsee besser beobachten zu können, befahl König Christian V. im Jahr 1684 den Bau einer Seefestung auf den Erbseninseln.

Der norwegische Ingenieur Anthon Coucheron leitete die Bauarbeiten, an denen bis zu 450 Mann beteiligt waren. Es entstanden der Große und der Kleine Turm, Bastionen, Kasernen und Werkstätten. Die Festungsanlage diente auch der Handelsschifffahrt und wurde jährlich von etwa 300 Handelsschiffen angelaufen. Im Jahr 1810 erreichte die Besiedlung mit 829 Bewohnern ihren Höchststand.

Die Festung wurde zwar mehrfach beschossen, aber nie eingenommen. Im Oktober 1808 griffen englische Schiffe während des Kanonenbootkrieges die Insel an, doch die Verteidiger schlugen den Angriff erfolgreich zurück. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Entwicklung der Waffentechnik die Festung jedoch überholt. 1855 wurde sie aufgegeben und die gesamte Inselgruppe unter Denkmalschutz gestellt. Nirgendwo sonst in Dänemark ist ein historischer Komplex dieser Größe so konsequent in seinem ursprünglichen Zustand bewahrt worden.

Eine Sonderstellung in Dänemark

Die Erbseninseln nehmen historisch, geographisch und politisch eine einzigartige Stellung im Königreich ein. Sie sind Dänemarks einzige Schärengruppe und zugleich der östlichste Landflecken des Landes. Bis heute unterstehen die Inseln dem Verteidigungsministerium und gehören keiner Kommune an. Dieses ernennt einen Verwalter, den die Insulaner gern als „König von Christiansø" oder schlicht „Leuchtturmwärter" bezeichnen.

Die rund 90 festen Bewohner sprechen von ihrer Heimat schlicht als „Øerne" (die Inseln) und von Bornholm als „das Land". Die Bornholmer ihrerseits nennen die gesamte Inselgruppe meist einfach Christiansø - nach der größten Insel.

Leben auf den Inseln

Ein Vorteil des Insellebens: Es fallen keine kommunalen Steuern und Abgaben an, wodurch der Steuersatz deutlich unter dem des restlichen Dänemarks liegt. Diese Lebensbedingungen locken auch junge Familien an. Die Mini-Inselschule unterrichtet Kinder bis zur 7. Klasse in zwei Gruppen - pragmatisch unterteilt in die Kleinen und die Großen.

Die Inseln sind auto- und fahrradfrei. Hunde dürfen wegen der offenen Trinkwasserreservoirs nicht mitgebracht werden. Die kleine Gemeinschaft verfügt über einen Laden, eine Kirche, einen Arzt und sogar eine Zahnarztpraxis. Dem strengen Denkmalschutz muss sich jeder Bewohner unterwerfen - im Prinzip kann kein zerbrochener Dachziegel einfach ersetzt werden, sondern man muss einen passenden alten finden.

Natur und Tierwelt

Die Natur der Ertholmene ist von besonderer Schönheit. Die Inseln bestehen aus grauem Hammergranit, der von den Gletschern der vergangenen Eiszeiten abgerundet wurde. Das Klima gilt als sonniger und trockener als im übrigen Dänemark.

Besonders bedeutsam ist die Vogelwelt: Auf dem unbewohnten Græsholm brüten etwa 10.000 Silbermöwenpaare, und die Trottellumme vermehrt sich hier als einzigem Ort in ganz Dänemark. Im Frühjahr sind überall brütende Eiderenten zu beobachten, und während der Zugvogelzeit rasten Millionen kleiner Vögel auf den Inseln. Die gesamte Inselgruppe ist heute ein Naturpark und Naturreservat.

Sehenswürdigkeiten

Die gut erhaltenen Festungsmauern, Bastionen und Türme prägen bis heute das Bild der Inseln. Der Große Turm auf Christiansø wurde behutsam restauriert und beherbergt Ausstellungen zu Geschichte, Kunst und Vogelkunde sowie einen Leuchtturm mit Rundumblick. Im Kleinen Turm auf Frederiksø befindet sich ein sehenswertes Heimatmuseum.

Weitere Highlights sind das ehemalige Staatsgefängnis für politische Gefangene, die historische Kirche (einst eine Waffenschmiede) sowie die verschiedenen Bastionen. Die Terrasse der Gastwirtschaft - bei Einheimischen und Besuchern gleichermaßen beliebt - lädt zum Verweilen ein.

Anreise und praktische Informationen

Die Erbseninseln erreichen Sie mit der Fähre von Gudhjem aus in etwa einer Stunde. Im Sommer verkehren die Schiffe mehrmals täglich, im Winter nur werktags einmal mit dem kleinen Postschiff Peter. Fast 50.000 Besucher kommen jährlich auf die Inseln, die meisten für einen Tagesaufenthalt von etwa drei Stunden. Die begrenzten Schiffskapazitäten sorgen dafür, dass Christiansø nie völlig überlaufen wirkt.

Wer länger bleiben möchte, kann in der Gastwirtschaft übernachten, eine der historischen Gefängniszellen (heute eine kleine Jugendherberge) buchen oder einen der gut zwei Dutzend Zeltplätze hinter den schützenden Mauern der Hertugindens Bastion ergattern. Auch Segler finden im Naturhafen zwischen den beiden Hauptinseln Liegeplätze.

Fährt gegen 16.30 Uhr das letzte Schiff mit Tagesgästen ab, öffnet sich eine ganz andere Welt. Dann versammeln sich die Einheimischen auf ein Bier vor dem Inselladen, und die verbliebenen Übernachtungsgäste haben die Insel fast für sich allein. Später trifft man sich im Licht der untergehenden Sonne auf der Terrasse der Gastwirtschaft - nicht selten kommt es zu später Stunde zu spontanen Musikrunden mit Schifferklavier und dänischer Gemütlichkeit.

Ein Ausflug nach Christiansø ist eines der unvergesslichsten Erlebnisse während eines Bornholm-Urlaubs - ein Ort, an dem Geschichte, Natur und eine besondere Atmosphäre der Abgeschiedenheit aufeinandertreffen.