Hallo liebe Bornholmfreunde,
durch mein Hobby das Geocachen habe ich dieses Jahr mal wieder einen Ort auf Bornholm gefunden, den ich noch nicht kannte und der so wahrscheinlich auch nicht mehr lange existieren wird. Es ist mittlerweile ein "Lost Place" und der Abriss wohl beschlossene Sache:
An der Straße Bygarden nördlich von Aakirkeby liegt "Bornholms Produktionsskole". Oder leider sollte ich sagen "lag".
So sieht das Areal von oben aus:
Hier der Blick auf den ältesten Teil der Anlage, leider war es schon dämmerig, daher ist das Bild qualitativ nicht optimal:
Hier kann man schön sehen, wie die Vegetation bereits die ehemals gepflegten Außenbereiche zurückerobert hat:
Von innen betrachtet, waren nahezu alle Scheiben (sofern nicht bereits ausgebaut...) heil und in gutem Zustand:
Forum: Bornholm Bilder von Mitgliedern
Thema: Ehemalige "Bornholms Produktionsskole"
Ehemalige "Bornholms Produktionsskole"
Soweit ich recherchieren konnte, hier ein bisschen zur Geschichte:
Die Schule wurde 1939 Jugendlager gebaut, nach einem Gesetz von 1938 wurde so für Beschäftigung und Bildung für Arbeitslose "gesorgt", in den Camps gab es also harte körperliche Arbeit und Bildung, wer nach vier Monaten Arbeitslosigkeit nicht der Einladung zur Weiterbildung folgt, dem wurde die Arbeitslosenunterstützung gestrichen, das war dann wohl ein sehr zugkräftiges Argument... Wenn ich die Lage der Anlage so auf mich wirken lasse, dann war der Ort mitten im Wald und in erheblicher Entfernung zu dem nächsten größeren Ort auch sehr passend gewählt.
Nach dem 2. Weltkrieg waren kurzfristig hier wohl Deutsche interniert, danach ab August 1945 wurden 100 neue Bornholmer Rekruten untergebracht. Ab 1947 folgten Renovierungsarbeiten und unter neuem geschöntem Namen "Statens Arbejdstekniske Ungdomsskole" waren 60 sozial benachteiligte Jugendliche hier untergebracht, weiter blieb aber das Konzept bei harter körperlicher Arbeit und Disziplin.
Ab 1968 bis 1984 wurde die Einrichtung zu einem Internat (Kostskole) für Schüler aus Grönland und im Schulsystem in Grönland integriert.
Ab 1984 wurde hier die Produktionshochschule (Produktionshøjskole) für junge Arbeitslose zwischen 16-19 Jahren eingerichtet, um die Bildung und Qualifikation dieser Zielgruppe zu fördern. Dies blieb bis 2011 so, danach wurde die Schule nach Rønne in den Minervavej verlagert.
Das Grundareal hat eine Fläche von 120.049m² und der Gebäudebereich hat eine Grundfläche von 3662m². Seit 2012 stehen die Gebäude leer und alles verfällt und verwildert. Einige Gebäude (insbesondere die Steinhäuser in der Umgebung, in denen die Lehrkräfte wohnten) sind bereits abgerissen. Die restlichen Gebäude sollen folgen, der Abruch wird mit lockeren 395.000DKr veranschlagt. (Wenn man nach deutschen Maßstäben hinsichlich BER oder Elbphilharmonie rechnet, dann wahrscheinlich das Zehnfache ). Die Gebäude haben keinen Marktwert und das Ziel ist, eine umweltverträgliche Wiederherstellung des Areals zu erreichen und der Gemeinde weitere Betriebskosten zu ersparen.
Ein Blick aus dem Fenster des "Sekretariats" - zumindest war hier das Fenster mal ein bisschen demoliert, vielleicht die Rache ehemaliger Schüler?
Manchmal wirkt es ja so, als wäre so ein Gebäudekomplex fluchtartig verlassen worden. Auch hier lagen noch die alten Bau- und Rettungspläne einfach so auf der Fensterbank...:
[/attachment]
Wie ich darauf komme, dass es das "Sekretariat" war? Zumindest war hier auch die Steuerung der Pausenklingel zu finden.
Die Schule wurde 1939 Jugendlager gebaut, nach einem Gesetz von 1938 wurde so für Beschäftigung und Bildung für Arbeitslose "gesorgt", in den Camps gab es also harte körperliche Arbeit und Bildung, wer nach vier Monaten Arbeitslosigkeit nicht der Einladung zur Weiterbildung folgt, dem wurde die Arbeitslosenunterstützung gestrichen, das war dann wohl ein sehr zugkräftiges Argument... Wenn ich die Lage der Anlage so auf mich wirken lasse, dann war der Ort mitten im Wald und in erheblicher Entfernung zu dem nächsten größeren Ort auch sehr passend gewählt.
Nach dem 2. Weltkrieg waren kurzfristig hier wohl Deutsche interniert, danach ab August 1945 wurden 100 neue Bornholmer Rekruten untergebracht. Ab 1947 folgten Renovierungsarbeiten und unter neuem geschöntem Namen "Statens Arbejdstekniske Ungdomsskole" waren 60 sozial benachteiligte Jugendliche hier untergebracht, weiter blieb aber das Konzept bei harter körperlicher Arbeit und Disziplin.
Ab 1968 bis 1984 wurde die Einrichtung zu einem Internat (Kostskole) für Schüler aus Grönland und im Schulsystem in Grönland integriert.
Ab 1984 wurde hier die Produktionshochschule (Produktionshøjskole) für junge Arbeitslose zwischen 16-19 Jahren eingerichtet, um die Bildung und Qualifikation dieser Zielgruppe zu fördern. Dies blieb bis 2011 so, danach wurde die Schule nach Rønne in den Minervavej verlagert.
Das Grundareal hat eine Fläche von 120.049m² und der Gebäudebereich hat eine Grundfläche von 3662m². Seit 2012 stehen die Gebäude leer und alles verfällt und verwildert. Einige Gebäude (insbesondere die Steinhäuser in der Umgebung, in denen die Lehrkräfte wohnten) sind bereits abgerissen. Die restlichen Gebäude sollen folgen, der Abruch wird mit lockeren 395.000DKr veranschlagt. (Wenn man nach deutschen Maßstäben hinsichlich BER oder Elbphilharmonie rechnet, dann wahrscheinlich das Zehnfache ). Die Gebäude haben keinen Marktwert und das Ziel ist, eine umweltverträgliche Wiederherstellung des Areals zu erreichen und der Gemeinde weitere Betriebskosten zu ersparen.
Ein Blick aus dem Fenster des "Sekretariats" - zumindest war hier das Fenster mal ein bisschen demoliert, vielleicht die Rache ehemaliger Schüler?
Manchmal wirkt es ja so, als wäre so ein Gebäudekomplex fluchtartig verlassen worden. Auch hier lagen noch die alten Bau- und Rettungspläne einfach so auf der Fensterbank...:
[/attachment]
Wie ich darauf komme, dass es das "Sekretariat" war? Zumindest war hier auch die Steuerung der Pausenklingel zu finden.
Ehemalige "Bornholms Produktionsskole"
Als ich das Areal 2015 besuchte, war gerade ein Däne dabei, die Fenster auszubauen und entstandenen offenen Lücken mit Türen aus dem Gebäude zu vernageln, so ganz war ich mir nicht sicher, ob das wohl mit rechten Dingen zugeht Aber andererseits gäbe in in Deutschland wohl keinen Markt für Fensterflügel mit Einfachverglasung... Da einige Türen offen standen, konnte ich in der Dämmerung, nachdem der Däne abgezogen war, das Gebäude ansehen und ein bisschen die Luft der Geschichte atmen.
Der älteste Komplex ganz rechts ist wirklich von der Grundsubstanz mittlerweile nicht mehr in gutem Zustand, jedenfalls stand der Kriechkeller komplett unter Wasser und in den Zimmern roch es bereits leicht moderig, das Dach war aber auch hier (wie überall) noch dicht und trocken. Aber die anderen Gebäude waren ansonsten - abgesehen von den Spuren des Umzugs und einigen Vandalismusschäden - erstaunlich gepflegt. Erschreckend fand ich, dass offenbar einige Bereiche noch einmal kurz vor dem Ende der Nutzung neu gestrichen und renoviert worden waren. Also der Wahnsinn der genehmigten Gelder wie überall.
Die Außenanlage war mittlerweile natürlich verwahrlost, als ich dort war, wuchs das Gras und die Brennesseln bereits hüfthoch, allerdings sind die Brombeeren in Südlage sehr gut und schmackhaft Der ursprünglich angelegte Naturpfad auf dem riesigen Areal ist leider nicht mehr sichtbar, aber auch im Freizeitbereich der Gebäude gab es damals viele schöne Plätze, die man noch erahnen kann. So wie in DK halt gerne Sitzgelegenheiten, kleine Brücken, Grillplätze, Spiel- und Kletteranlagen gestaltet werden.
Leider war es schon dämmerig, als ich dort war und ich hatte nur mein GPSr als Fotoapparat mit, aber ein paar Eindrücke wollte ich doch noch hochladen. Bitte entschuldigt die schlechte Bildqualität. Lost Places sind doch immer wieder faszinierend, besonders, wenn man dann auch noch ein bisschen von der Geschichte des Ortes weiß.
Ob es im nächsten Jahr wohl noch Spuren gibt?
Viele Grüße
Loriot
Rauchen war in den Holzgebäuden zumindest in der letzten Zeit schon verboten gewesen:
Ein Blick aus einer der offenstehenden Haupteingangstüren auf den nun überwachsenen Vorplatz in Richtung Straße:
Viele Bereiche wirken noch immer sehr gepflegt und ordentlich gestrichen, das Dach ist trocken und dicht. Als könnte hier bald wieder eine Schule aufmachen:
In den Gängen sind zum Teil auch noch die letzten Verschönerungen durch die Ausbildungsklassen zu sehen:
Der älteste Komplex ganz rechts ist wirklich von der Grundsubstanz mittlerweile nicht mehr in gutem Zustand, jedenfalls stand der Kriechkeller komplett unter Wasser und in den Zimmern roch es bereits leicht moderig, das Dach war aber auch hier (wie überall) noch dicht und trocken. Aber die anderen Gebäude waren ansonsten - abgesehen von den Spuren des Umzugs und einigen Vandalismusschäden - erstaunlich gepflegt. Erschreckend fand ich, dass offenbar einige Bereiche noch einmal kurz vor dem Ende der Nutzung neu gestrichen und renoviert worden waren. Also der Wahnsinn der genehmigten Gelder wie überall.
Die Außenanlage war mittlerweile natürlich verwahrlost, als ich dort war, wuchs das Gras und die Brennesseln bereits hüfthoch, allerdings sind die Brombeeren in Südlage sehr gut und schmackhaft Der ursprünglich angelegte Naturpfad auf dem riesigen Areal ist leider nicht mehr sichtbar, aber auch im Freizeitbereich der Gebäude gab es damals viele schöne Plätze, die man noch erahnen kann. So wie in DK halt gerne Sitzgelegenheiten, kleine Brücken, Grillplätze, Spiel- und Kletteranlagen gestaltet werden.
Leider war es schon dämmerig, als ich dort war und ich hatte nur mein GPSr als Fotoapparat mit, aber ein paar Eindrücke wollte ich doch noch hochladen. Bitte entschuldigt die schlechte Bildqualität. Lost Places sind doch immer wieder faszinierend, besonders, wenn man dann auch noch ein bisschen von der Geschichte des Ortes weiß.
Ob es im nächsten Jahr wohl noch Spuren gibt?
Viele Grüße
Loriot
Rauchen war in den Holzgebäuden zumindest in der letzten Zeit schon verboten gewesen:
Ein Blick aus einer der offenstehenden Haupteingangstüren auf den nun überwachsenen Vorplatz in Richtung Straße:
Viele Bereiche wirken noch immer sehr gepflegt und ordentlich gestrichen, das Dach ist trocken und dicht. Als könnte hier bald wieder eine Schule aufmachen:
In den Gängen sind zum Teil auch noch die letzten Verschönerungen durch die Ausbildungsklassen zu sehen:
Ehemalige "Bornholms Produktionsskole"
In der Schule wurden verschiedene Kurse angeboten. Soweit ich es bei meinem Besuch noch identifizieren konnte, gab es zumindest Weiterbildungsmöglichkeiten in Holzbearbeitung, Töpferei / Gips, Stoffe und Handarbeiten und Computerarbeit.
Röhrenmonitore hatten wohl auch 2012 schon keinen Restwert mehr, selbst wenn Obst das Logo ziert:
Siebdruck war offenbar auch eines der Angebote:
Hier wird wohl eine Beflockungsanlage oder ein Abzug installiert gewesen sein:
Dies hier wirkte auch sehr "künstlerisch":
Hier der alte Heizungsraum, lustigerweise war in einem Hinterzimmer eine kleine Dusche mit Sauna. Ob die vom Hausmeister benutzt wurde oder den Schülern, konnte ich nicht mehr ermitteln. Lage und Größe spricht eher für privilegierte Personen
Wie spartanisch der alte Gebäudeteil war, kann man hier doch noch etwas erahnen:
Aber die Waschmaschinen waren - im Gegensatz zu heutigen Produktlinien mit begrenzer Lebensdauer - bestimmt noch robust:
Röhrenmonitore hatten wohl auch 2012 schon keinen Restwert mehr, selbst wenn Obst das Logo ziert:
Siebdruck war offenbar auch eines der Angebote:
Hier wird wohl eine Beflockungsanlage oder ein Abzug installiert gewesen sein:
Dies hier wirkte auch sehr "künstlerisch":
Hier der alte Heizungsraum, lustigerweise war in einem Hinterzimmer eine kleine Dusche mit Sauna. Ob die vom Hausmeister benutzt wurde oder den Schülern, konnte ich nicht mehr ermitteln. Lage und Größe spricht eher für privilegierte Personen
Wie spartanisch der alte Gebäudeteil war, kann man hier doch noch etwas erahnen:
Aber die Waschmaschinen waren - im Gegensatz zu heutigen Produktlinien mit begrenzer Lebensdauer - bestimmt noch robust:
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast