Unübersehbar steht am Strandmarksvejen an der Kreuzung zum Dueodde-Strand der große weiße Betonturm neben dem Rest des alten Nordfeuers von Dueodde.
Bereits 1958 war auf dem Gelände des Nordfeuers ein kleinerer Betonturm mit 5 Ebenen - die ziemlich hässlich mit milchigem gelbem Plexiglas (wohl als Sonnenschutz) verkleidet waren - errichtet worden, um als Abhörstation über die Ostsee weit in den Warschauer Pakt hinein zu fungieren.
1962 ging dann der neugebaute Duodde-Leuchtturm in Betrieb, die alte Optik des Nordfeuers wurde hierfür weiterverwendet. In der Folge wurde auch der alte Nordturm vom Militär mit zwei Ebenen von Richtantennen versehen.
1962 ging dann der neugebaute Duodde-Leuchtturm in Betrieb, die alte Optik des Nordfeuers wurde hierfür weiterverwendet. In der Folge wurde auch der alte Nordturm vom Militär mit zwei Ebenen von Richtantennen versehen.
Dieser Zustand blieb über viele Jahre so, für uns Kinder immer das Spiel, wer zuerst die Türme entdeckt. (Sie wurden aus nicht mehr näher nachzuvollziehenden Gründen dann "Hans und Liesel" getauft.)
1986 erfolgte dann der Neubau des jetzigen Turms, da die Anforderungen an größere Reichweiten und Fortschritt der Technik mit den alten Anlagen nicht mehr durch Anpassungen sinnvoll erreicht werden konnten. So entstand mit ca. 70m Höhe und 12 Etagen (von denen die obersten 8 mit Antennenplattformen ausgerüstet waren) eine neue Stahlbetonkonstruktion, die trotz ihrer Größe durch das schlichte Weiß für mich wenigstens etwas unauffälliger wirkte, als die alten Anlagen. Der alte Norddturm stand seither ohne Spitze dort, ein großer Gitter-Funkmast komplettierte die Anlage. Über viele Jahre war die hochgerüstete Abhörstation auf Bornholm durch die besondere geographische Lage eine wichtige militärische Einrichtung.
Aus diesem Grund wurde zwischen 2010-2011 die Anlage für 23 Mio DKK (ca. 3,1 Mio Euro) renoviert und aufgerüstet, neben einem der modernsten Hochleistungsrechner, der eine Kühlanlage von 690kW benötigte, wurde auch noch eine Notstromanlage von 640kW installiert, um den strahlungssicheren Server autark betreiben zu können. Tja, und dann stellte man fest, dass der Bedarf nicht mehr vorhanden wäre und entschied sich, den Turm stillzulegen.
Angeblich wäre der Hauptteil der Technik in anderen Standorten weiterverwendet worden, so dass "die Investitionen nicht verloren wären", trotzdem ist eine Menge der Infrastruktur vor Ort noch sichtbar. Nach dem Rückbau war die Nutzung der Anlage offen, erst hieß es, dass ein Computerunternehmen dort einen großen Server installieren wollte. Am Ende wurde die Anlage für 400.000 DKK (knapp 54.000 Euro!) an Lasse Steen Jepsen verkauft, der dort ein Museum mit Aussichtsturm eröffnete. Wenn man den Preisverfall so anschaut, dann war der Druck offenbar groß, die Anlage loswerden zu wollen. Auf der anderen Seite dürfte der Komplex im Unterhalt ein ziemliches Groschengrab sein.
Jedenfalls kann man nun seit dem 15.7.2015 die Anlage besichtigen, die Webseite ist: http://www.bornholmertaarnet.dk/
Für 75DKK (ca. 10 Euro) Eintritt (Kinder zwischen 4-12 50DKK / 6,70 Euro oder Familien (2 Erwachsene + 2 Kinder) für 225DKK / 30 Euro) kann man den ganzen Komplex besichtigen, die Aussicht vom Turm genießen und im Cafe einkehren. Da mich das Innenleben des Turms interessierte, habe ich mich im letzten Jahr dort recht spontan umgesehen. Ein paar Fotos habe ich auch gemacht, allerdings nicht mit der besten Kamera, daher verzeiht bitte die nicht immer optimale Qualität.
Ein großes Banner weist am Zaun auf die neue Attraktion im Süden von Bornholm hin:
Der Eingang liegt im weißen flachen Gebäude zwischen den alten roten Häusern aus der Zeit des Nordfeuers und dem Betonturm. Nachdem man dann den Eintritt bezahlt hat, bekommt man eine Marke, die einem erlaubt, sich auf der gesamten Anlage umzusehen, alle freigegbenen Räume zu betreten und natürlich den Turm zu besuchen. Man erhält auch einen Lageplan und die einzelnen Bereiche sind mit Wegweisern und Namen ausgeschildert.
Um die reichlich vorhandene Fläche zu nutzen, wurde im alten Gebäude eine Art Museum über den Ersten und Zweiten Weltkrieg eingerichtet, es sind allerdings nur Fotos mit dänischen Untertiteln an den Wänden. Ich denke aber, dass dieser Bereich mit der Zeit noch ausgebaut wird.
Spannend ist natürlich, dass man den alten Leuchtturm auch besichtigen kann. Der Eingang des Turm liegt im Innenbereich, eine Wendeltreppe führt dann den Turm hinauf.
Durch die Fenster kann man immer wieder einen Blick nach außen erhaschen,
beeindruckend auch, wie dick die Mauern sind. Der Putz ist allerdings ein bisschen renovierungsbedürftig, wahrscheinlich war hier in den letzten Jahren nach Inbetriebnahme des neuen Turms auch kaum noch Aktivität.
Ganz nach oben in den Außenbereich kommt man leider nicht, es führt auch nur eine Leiter die letzten Meter empor, auch hier kann man gut sehen, wie damals riesige Kabelstränge durch die Kanäle nach oben geführt worden waren.
Wieder unten angekommen ist im Vorraum noch eine Ausstellung zur Geschichte der Leuchttürme. Natürlich gibt es auch Fotos vom Bau und wie der Turm mit Kuppel ausgesehen hatte.
Auch die alte Spitze des Leuchtturms ist noch erhalten und hier ausgestellt.
In den Ausstellungen sind viele Bilder nur auf Dänisch untertitelt. Gelegentlich trifft man auch mal auf eine deutsche Übersetzung, die wahrscheinlich Tante Google beigesteuert hat.
Im Außenbereich gibt es als historische Ankedote noch einen alten Ofen, der wohl für die gründliche Vernichtung von geheimem Material verwendet wurde:
Auf der anderen Seite, von der Straße kaum zu sehen, findet sich die riesige Kühlanlage.
Die Anlage sieht nagelneu und komplett funktionsfähig aus, aber Betrieb und Unterhalt dürften doch sehr teuer sein, selbst wenn nur ein kleiner Teil für die Klimaanlage des Museums benötigt wird...
Zurück im weißen Gebäude kann man durch die ehemaligen Arbeits- und Computerräume streifen. Der neue Serverraum für den Supercomputer wurde strahlungsgeschützt geplant, die dicken Wände und Türen sind gut zu sehen, Rolltore verstärken die Sicherheit. Wobei ich mich als Laie dann doch frage, was es denn nützt, wenn die Computer vor elektromagnetischer Strahlung ("atombombensicher") geschützt sind, die komplette Kühlanlage und der Turm selbst aber ohne Schutz herumstehen...
Ein anderer Bereich wurde mit Tischen und Stühlen ausgestattet und dient als Sitzmöglichkeit für das Cafe oder auch einfach nur zum Ausruhen. An den Wänden sind noch die Reste der Technik zu sehen.
Im mittleren Bereich - der alte Aufenthaltsraum des Personals bzw. Kantine - ist dann die spannende Ausstellung um die Geschichte der Abhör- und Spionageanlagen auf Bornholm. Über die Jahre habe wir hier im Forum ja schon einige Bilder und Informationen ausgetauscht. Schade ist es auch hier, dass kaum Übersetzungen zu finden sind. Auf nähere technische Details wird ebenfalls nicht eingegangen, vielleicht sind es weiter militärische Geheimnisse oder die Besitzer hatten auch keine näheren Informationen dazu.
Dafür kann man aber einige Fotos zum Bau der Anlage sehen, auch gibt als Fundstücke aus der Ostsee Spionagegegenständen des Warschauer Paktes zu sehen. Hier z.B. ein Blick auf die Arbeitsplätze der Anfangszeit.
Weiter geht es dann zum Sockel des Betonturms, Windstärke und Windrichtung wurden jedenfalls auch gemessen, vielleicht um bei Arbeiten im Außenbereich gewappnet zu sein. Die Antennen waren eigentlich wetterfest verpackt und so oft dürfte sich doch keiner oben aufgehalten haben....
Im Kellergeschoss kann man gut sehen, wieviele Kilometer Kabel verlegt worden waren.
Daneben liegen dann überall Rohre für Kühlung und Lüftung.
Ein Großteil der Leitungen dürfte bei der "Entmilitarisierung" entfernt worden sein, Kupferkabel sind ja auch ein lukratives Geschäft.
Der Blick nach oben in den Turm verrät jedenfalls, dass da genug Platz für viele Kabel war. Ein Teil ist auch noch vorhanden. Wahrscheinlich kommen jetzt Mobilfunkanbieter zum Zug?
Nach oben im Turm kann man entweder den Lastenfahrstuhl nehmen oder die Treppe erklimmen. Da ich mich ein bisschen umsehen wollte, habe ich natürlich brav die Treppe genommen. Leider sind alle Türen zu den einzelnen Etagen abgeschlossen, manchmal kann man durch ein "Bullauge" in der Tür einen Blick auf die Ebene erhaschen. Viel zu sehen gibt es allerdings nicht:
Kabelreste mit vielen Steckverbindungen zeugen von fehlender Technik
Seltsame Schalttafeln lassen vermuten, dass einige Bereiche auch unter Druck standen oder mit speziellen Gasen geflutet waren?!
Und offenbar waren einige Sensoren so empfindlich, dass reichlich Schallschutz verbaut worden war.
Kurz einmal zurück, wie der Turm ausgesehen hatte: Auf den acht obersten Ebenen waren die Plattformen für die Antennen installiert. 2014 waren diese Plattformen dann abgerissen worden.
Auf dem Vorplatz liegen noch zwei der ehemaligen Plattformen herum (warum auch immer....) Sie waren mit einem Stahlprofil mit dem Turm verbunden, durch Rohre waren die Kabel etc. geführt worden.
Die Plattformen selbst bestanden offenbar nur aus Holz (??) und nach außen hin war die Technik nur durch eine dicke Folie / Plane geschützt, um die Funkwellen möglichst wenig zu behindern.
Hier kann man deutlich erkennen, dass die Stahlprofile einfach abgetrennt worden waren und nun die Türen vom Turm ins "Nichts" führen.
Wobei sich zwischen der Außentür und dem Treppenhaus noch ein kleiner Eingangsbereich und ein etwas größerer Arbeitsbereich befinden. Trotzdem finde ich den Blick von unten auf die ungeschützten Türen oben im Turm ein bisschen beängstigend.
Wenn man es denn endlich nach oben geschafft hat, führt eine kleine Treppe hinauf auf den oberen offenen Bereich des Turms! Leider habe ich davon keine Bilder gemacht, im unteren Bereich der Seilwinde ist es eine ca. brusthohe Mauer. Im oberen Bereich kann man ebenfalls von einem neuen Bretterzaun geschützt in alle Richtungen blicken. Ob es ganz erlaubt ist oder nicht - genau in der Mitte kann man noch auf einen etwas erhöhten Betonsockel klettern und hat bei gutem Wetter wirklich einen tollen Ausblick über die Südspitze! Als ich oben war, war es leider ein kleines bisschen diesig, trotzdem aber ein toller Tag, wie man sieht:
Nordosten:
Westen:
Süden:
Dueodde:
Und ein Blick auf die Kreuzung:
Und was darf oben auf keinen Fall fehlen?
Wieder zurück auf dem Boden der Tatsachen gibt es schnell noch ein Bild mit "Bornholmer Himmel" und einer Perspektive als Hommage an Horst Dressler:
Fazit: Da mich die Türme bei Dueodde seit der Kindheit begleiten, war es sehr spannend, einmal hinter die Kulissen schauen zu können. Bei schönem Wetter hat man vom Turm wirklich einen traumhaften Blick über Bornholm!
Die Idee mit der Nutzung der anderen Räume als Ausstellung und Museum ist gut, aber könnte etwas spannender gestaltet und mit mehr Erklärungstexten ergänzt werden.
Ob sich der Unterhalt dieser riesigen Anlage langfristig trägt, weiß ich nicht. Viele Bornholmurlauber werden sicher den Turm einmal besuchen, aber ob sie jedes Jahr wiederkommen? Für mich hat sich der Besuch aber auf jeden Fall gelohnt.
Wie sind Eure Erfahrungen mit dem "Bornholmertårnet"?
Viele Grüße
Loriot