
Im Süden von Bornholm hat der kleine Platz Bornholms Familiecamping seinen ganz besonderen Charme. Einige Stammgäste kommen seit über drei Jahrzehnten Jahr für Jahr. Sie haben einen der schönsten Strände Europas direkt vor der Zelttür.

»Du kommst an und bist zu Hause«
»Hallo, schön, dass ihr da seid. Rolf räuchert heute so um sechs Uhr. Ihr kommt doch, oder?«, Gisela Rose begrüßt uns, als wären wir nur mal eben zum Brötchenholen in Snogebæk gewesen, dabei ist es fast auf den Tag genau ein Jahr her, dass wir ihr und ihrer Familie Tschüss gesagt haben. Aber wenn man von der schattigen Zufahrt durch den Wald im Süden Bornholms auf das Gelände von Bornholms Familiecamping einbiegt, hat man gleich so ein Man-kommt-an-und-ist-zu-Hause-Feeling. Gisela und Rolf Rose gehören zu diesem Gefühl dazu. Sie sind die treusten Gäste auf ..., mal ganz unter und und auch ganz subjektiv gesagt: auf Dänemarks schönstem Campingplatz.
Wenn die Roses irgendwann im Juni oder Juli wieder bei Jytte und Bjørn Bendtsen einchecken, dann sind sie den 32. Sommer in Folge hier, ohne Unterbrechung, immer mit dem selben großen Hauszelt – »das war damals noch Qualität, und wir haben es sogar schon gebraucht gekauft« – und immer am selben Platz, gleich in der ersten Reihe, nur Dünen und Strand vor sich und der freie Blick aufs Meer. Die Roses haben hier ihre spezielle Form von ›Aussteigen‹ gefunden, jeden Sommer auf’s Neue in ihrer zweiten Heimat Bornholm. Dänisch haben sie längst gelernt.

Rolf und Gisela Rose mit einer Enkelin auf ihrer ganz privaten Bornholmer Terasse.
Timo, ihr Jüngster, hat fast alle Sommer auf Bornholms Familiecamping mitgemacht, war mit zwei Jahren das erste Mal dabei und bringt inzwischen eine eigene Familie mit – viel Jungs gehören dazu. Wenn auch der Älteste mit seinen Kindern kommt, ist schnell das Dutzend Roses voll. Gisela ist unüberhörbar stolz auf den Zusammenhalt in ihrer Familie. Und sie sind nicht die einzigen ›Immer-wieder-Bornholms-Familiecamping-Gäste‹. Die Wiederholerrate liegt gefühlt noch weit über den 70 Prozent, die Bornholm als Ganzes vorweisen kann. Was hat es mit dem kleinen Campingplatz auf sich? Er ist überschaubar, familiär und die Lage ist unübertroffen: Direkt am Strand von Dueodde, einem der schönsten Badestrände in Europa.

"Hei Daddy, hier ist es super", für Rasmus, Marie und viele andere Kinder ist der Strand von Dueodde ein Paradies und - mit allen Warnungen, die an jedem Meeresstrand gelten - auch sehr kindersicher.
Das Meer ist kinderfreundlich flach und selten rau. Weit kann man hinein gehen, ehe einem das Wasser bis zum Halse steht. Der Sand ist so fein, dass er früher in Eieruhren Verwendung fand und die dänischen Könige ihn als Löschsand auf dem Schreibtisch stehen hatten. Bei jedem Schritt mit nackten Füßen singt er sogar. Hinter dem Strand nur ein paar Meter Dünen, in denen man auch bei Wind kuschelige Plätzchen findet, und dann schon die ersten Zelte. Hohe alte Kiefern spenden Schatten. Die vorderen Reihen sind strikt autofrei und nur richtigen Zelten vorbehalten, Wohnwagen und Camper müssen in der zweiten Reihe Platz nehmen.

Grillfest auf der Terrasse unseres Apartments. Wir haben ein festes Dach über Kopf, aber leben mitten auf dem Campingplatz. Die Kinder freut's auf jeden Fall.
Mitten auf dem Gelände sorgt ein ehemaliges Landschulheim aus den 1930ern mit dem typischen rostroten Anstrich des Nordens und knallweißen Fensterrahmen noch für etwas nostalgischen Charme. Darin neben Küche und Aufenthaltsraum auch wenige aber liebevoll hergerichtete Apartments für Gäste wie uns, die die Campingatmosphäre mögen, aber gern ein festes Dach über dem Kopf haben.

Freunde zum Spielen ob zwischen den Zelten oder am Strand finden sich schnell auf Bornholms Familiecamping

Warum dann aber Campingplatz und nicht eines der tollen Ferienhäuser, die rundherum im Wald von Dueodde stehen? Haben Sie mal zwei oder drei Wochen mit einem munteren, neugierigen Jungen allein im Ferienhaus verbracht und für dessen Entertainment gesorgt? Hier schauen die ersten Freunde und Freundinnen von Rasmus schon über den Zaun, wenn wir morgens noch auf unserer kleinen Terrasse frühstücken. Dann werden die ersten Verabredungen zum Spielen gemacht und dann ist er erst mal weg, auf der Hüpfburg oder beim Sandkirchenbauen – Bornholms mittelalterliche Rundkirchen sind beliebte Vorbilder – und wir sehen ihn allenfalls, wenn er gerade mal daran gedacht hat, dass es bei Jytte im Kiosk Eis gibt und das obligatorische »Papa, darf ich mir Eis kaufen« um die Ecke schallt.
Und das schöne an Bornholm ist, dass man selbst von diesem südlichsten Flecken aus die ganze Insel im Griff hat. Länger als 40 km ist kein Abstand.

Maritime Atmosphäre gibt reichlich in Snogebæk, in bequemer Fahrradentfernung von Dueodde
Snogebæk, gleich der nächste Ort im Osten von Dueodde und von Bornholms Familiecamping selbst mit einem Kind im Gefolge in bequemer Fahrradentfernung, ist einer typischer, bunter Inselort. Rund 100 Meter vor dem Ufer liegt der Hafen im Meer, über eine Fußgängerbrücke zu erreichen. Die große, professionelle Fischerei ist durch die Überfischung der Ostsee und aufgrund immer kleinerer Fangquoten praktisch zum Erliegen gekommen und so sind nur noch wenige Teilzeitfischer aktiv. Freizeitskipper dominieren inzwischen auch in Snogebæk das Bild und belegen die meisten Liegeplätze. In etliche der Hallen, in denen früher Fische verarbeitet wurde, sind Kunsthandwerker oder lokale eingezogen, blasen Glas, drehen Keramik, machen Eis oder Pizza. Ein Räucherei gibt’s aber auch noch, obwohl die inzwischen mehr der dickeren Heringe aus der Nordsee verarbeitet hat als die kleinen, edlen aus der Ostsee, die kaum noch in die Netze gehen.

Rolf räuchert, wann immer er frische Heringe oder Aale bekommt und wer das mag, kann sich immer eingeladen fühlen.

Auch Rolf Rose kriegt längst nicht mehr so viele Heringe zum Räuchern für den kleinen Räucherofen auf dem Campingplatz wie in früheren Jahren, dafür gibt es jetzt häufiger Aal, fangfrisch direkt vom Boot – Rolf hat in über drei Jahrzehnten so seine Kontakte aufgebaut. Uns soll’s recht sein. »Klar, Gisela, wir kommen heute Abend. Und hallo übrigens, schön Dich wieder zu sehen«.
(c) Text & Bilder: Hans Klüche 2010