Christiansø – Festungsinsel vor Bornholm

Christiansø – Festungsinsel vor Bornholm

 

Lassen Sie sich von unserer Slideshow über Christiansø und Frederiksø zu einem Ausflug auf die kleine Inselgruppe verführen, die auch als Ertholmene bekannt ist. Machen sie nichts, laufen die Bilder einfach weiter. Dies empfiehlt sich beim Betrachten auf kleinen Mobilgeräten. An PC und Laptop können Sie die Bilderschau anhalten und sich Informationen zum jeweiligen Motiv anzeigen lassen, wenn Sie mit der Maus auf das Bild gehen.

Christiansø, die durch einen schmalen, aber überbrückten Sund getrennte Schwesterinsel Frederiksø und ein paar unbewohnte Schären ergeben zusammen Ertholmene, was im Deutschen gern zu Erbseninseln gemacht wird, obwohl diese Übersetzung gewagt ist. Vor Ort interessiert das kaum jemanden. Die rund 90 festen Bewohner sprechen von ihrer Heimat als ›Øerne‹, Inseln, und konsequenterweise von Bornholm als ›Das Land‹. Die Bornholmer ihrerseits nennen die Inseln pars pro toto nach der größten gern Christiansø. 

Die einzige dänische Schärengruppe nimmt historisch, geographisch und politisch eine Sonderstellung im rot-weißen Königreich ein. Es ist Dänemarks östlichster Landflecken, knapp 20 km vor der Nordostküste Bornholms. Von 1684 bis 1855 bestand hier die Seefestung Christinsø, die zwar ein paar Mal beschossen aber nie eingenommen wurde. Sie brachte Dänemark aber auch nie die erhoffte Herrschaft über die Ostsee. Und Mitte des 19. Jahrhunderts musste Dänemarks Marineführung erkennen, dass die Entwicklung der Waffentechnik die Festung schlichtweg überrollt hatte. Die Festung wurde 1855 niedergelegt und die ganze Inselgruppe mit all ihren Bauten unter Denkmalschutz gestellt. Dem muss sich sich seitdem jeder aus der kleinen Fischer-, Künstler- und Aussteiger-Gemeinde, die ganzjährig hier lebt, unterwerfen. Im Prinzip kann kein zerbrochener Dachziegel einfach mal eben ersetzt werden, man muss versuchen einen passenden alten zu finden. Nirgendwo in Dänemark ist ein historischer Komplex solcher Größe so konsequent in einem historischen Status quo fixiert. Und Christiansø untersteht bis heute dem Verteidigungsministerium.

Christiansø steht zwar unter den Fittichen des Verteidigungsministeriums, aber die Kanonen sind nicht mehr in Betrieb. Außerdem sind die Schweden und Engländer, gegen die sie sich einst richteten, heute Freunde statt Feinde.

Das ernennt einen Verwalter, den die Insulaner gern als ›König von Christiansø‹ oder einfacher: ›Leuchtturmwärter‹ titulieren. Der Vorteil, wenn man hier wohnt: Es fallen keine kommunalen Steuern und Abgaben an und damit liegt der Steuersatz weit unter dem im restlichen Dänemark. Nachdem es lange aussah, als ob die Einwohnerschaft überaltert, locken diese Lebensbedingungen wieder junge Familien. Am besten sieht man das in der Mini-Inselschule, auf die man bis zur 7.Klasse gehen kann. Unterrichtet wird in zwei Gruppen, pragmatisch unterteilt in die Kleinen und die Großen. Immerhin drücken über ein Dutzend Schüler die Schulbank und etliche kleine Anwärter wachsen noch heran. Vier Lehrer unterrichten offensichtlich ganz gut: Im März 2015 wurde Viktor Vestergaard Holt aus der 7. Klasse der Zwergschule von Christiansø dänischer Vizemeister in einem landesweiten Vorlesewettbewerb gegen Konkurrenz aus dem ganzen Königreich – die Schule berichtet das stolz auf ihrer Webseite.

Fast 50000 Besucher kommen jedes Jahr, die meisten bleiben nur 3 Stunden

Neben Geldern vom Verteidigungsministerium und den Renten leben die Menschen auf Christiansø vor allem vom Tourismus. Fast 50 000 Besucher kommen jedes Jahr, mit ganz wenigen Ausnahmen aber nur zu einem Tagesausflug. Sie wuseln rund eine Stunde über die felsigen Pfade und die Gänge auf den erhaltenen Festungsmauern, dann haben die meisten genug gesehen. Einige steuern noch das Inselmuseum oder den Leuchtturm mit dem ultimativen Rundumblick an und die gut Vorbereiteten haben ein Handtuch dabei, um eine der die vielen Nischen zwischen den Felsen für eine Schwimmrunde zu nutzen. Aber irgendwann tauchen alle vor Kro- und Dorfladen auf, schlecken Eis, trinken Bier und kaufen Souvenirs. Drei Stunden dauert im Durchschnitt der Inselaufenthalt – ›3-timers turister‹ heißen die Tagestouristen folglich auf der Insel.

 

Der Naturhafen zwischen Christiansø und Frederiksø ist bei Seglern beliebt. Die haben ihr Bett selbst dabei und nicht wie andere Besucher Probleme mit den im Sommer immer viel zu knappen Übernachtungsmöglichkeiten.

Eine ganz andere Welt mit einer in jeder Hinsicht entschleunigten Atmosphäre öffnet sich den Besuchern, die mit dem eigenen Boot gekommen sind oder eines der sechs Zimmer im Insel-Kro, eine der fünf ›Zellen‹ des historischen Staatsgefängnisses – heute eine kleine Jugendherberge – oder einen der gut zwei Dutzend kleinen Stellplätze für Zelte hinter den schützenden Mauern der Hertugindens Bastion ergattert haben. Fährt gegen 16.30 Uhr das letzte Schiff mit Tagesgästen ab, versammeln sich die ›locals‹ auf ein erstes Bier und einen Schnack vor dem kleinen Inselladen. Dort lehnen sie auf den Mauern der alten Bastion, schauen zum Anleger hinab und klatschen dem abfahrenden Boot Beifall. Die wenigen verbliebenen Touristen schlendern noch einmal über die Insel, die ihnen jetzt fast allein gehört, wo eben noch Menschengewusel war. Jetzt sieht man in Ruhe die Details, die kleinen Gärten und die historischen Häuschen.Später treffen sich alle im Licht der untergehenden Sonne auf der Terrasse des Kro beim Abendessen und auf ein zweites oder drittes Bier. Nicht selten kommt es zu später Stunde zu spontanen Jamsessions mit Schifferklavier und ›Hygge‹-Gesängen, für die die Dänen im ganzen Norden berühmt sind.

Dank begrenzter Schiffskapazitäten wird es nie zu voll auf Christiansø

Die Gæstgiveri – auch als Christiansø Kro bekannt – ist bei den Inselbewohnern ebenso beliebt wie bei ihren Besuchern.

Die Seereise zwischen Bornholm und Christiansø reguliert dank der begrenzten Kapazitäten auf der ›großen‹ Ertholm und dem kleinen Postschiff Peter den täglichen Sturm der Tagesgäste auf die Insel. So wirkt Christiansø nie völlig überlaufen. Nur muss man beachten: Tagestickets gelten für eine feste Hin- und Rückfahrt mit jenen drei Std. Aufenthalt. Einfach eine Rückfahrt überspringen und später als vorgesehen zurückzufahren, ist gefährlich. An schönen Tagen sind die Schiffe ausgebucht und man darf aus Sicherheitsgründen nicht an Bord, solange man für die betreffende Abfahrt kein gültiges Ticket besitzt. Angesichts der wenigen Besucherbetten hat man dann wirklich schlechte Karten. Vielleicht gewinnt man aber ein Nachtlager beim ›Raffel‹, beim Würfeln: ›Snyd‹, eine dänische Variante des ›Lügenpasch‹, ist liebste Beschäftigung der Stammkunden an langen Abenden in der Kro-Stube. Viel Glück.

Mehr zum Übernachten auf Chistiansø gibt es hier in unserem Artikel: Exklusiver als das Burj al Arab – die sechs Zimmer des Christiansø Kro

© Text & Fotos: Hans Klüche 2015, komplett aktualisiert 2019

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